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FIFAe-Weltmeisterschaften: Es bleibt der fade Beigeschmack

Wenig Positives, viel Negatives

FIFAe-Weltmeisterschaften: Was bleibt, ist der fade Beigeschmack

Tiefpunkt im Finale: Die FIFAe Finals hinterlassen einen faden Beigeschmack.

Tiefpunkt im Finale: Die FIFAe Finals hinterlassen einen faden Beigeschmack. FIFA via Getty Images

Seit 2004 gibt es eine Weltmeisterschaft im FIFA-eSport. Anfangs FIFA Interactive World Cup genannt, folgte 2020 die Umbenennung auf den heute bekannten Namen: FIFAe World Cup. 2017 und 2019 kamen noch der Klub- und Nationen-Wettbewerb hinzu. Nach 2023 gibt es jedoch erstmal eine Zäsur. EA SPORTS und die FIFA trennen sich - während der Publisher wohl seine eigene Serie lanciert, ist beim Weltverband Vieles ungewiss. 

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Zwar soll ein eigenes Produkt dem Platzhirsch Konkurrenz machen, doch wer das entwickelt und wann genau es erscheint, ist immer noch nicht publik. So oder so: Es ist die vorerst letzte gemeinsame WM-Serie der FIFA und EA SPORTS. Einen denkwürdigen Abschluss gab es, aber einen überwiegend negativen.

Eiertanz um Austragungsort bis zur letzten Minute

01. Juli. Lange Zeit pfiffen es die Spatzen von den Dächern, offiziell verkündet wurde Saudi-Arabien als Austragungsort erst kurz vor WM-Start. Die Turnierserie sollte im Rahmen von Gamers8 stattfinden, weshalb auch das Preisgeld angehoben wurde. Insgesamt drei Millionen US-Dollar wurden ausgeschüttet - 1,2 Millionen waren es zuvor. Doch der finanzielle Anreiz für die eSportler hatte einen faden Beigeschmack.

Denn präsentiert wird Gamers8 von der Savvy Gaming Group. Dahinter steht der saudi-arabische Staatsfond Public Investment Fund (PIF) und somit letztendlich der saudische Kronprinz und Staat. Organisationen wie Amnesty International werfen dem Regime Saudi-Arabiens rund um Kronprinz Mohammed bin Salman unzählige Menschenrechtsverletzungen vor. Besonders Frauen und Mitglieder der LGBTQ+-Community sind teils stark in ihren Rechten eingeschränkt. Ob intentionell oder nicht - kritische Berichterstattung vor Ort entledigte sich der Veranstalter durch die späte Kundgabe, da eine Planung und Beantragung eines Visums so kurzfristig kaum möglich war - wovon auch internationale Fans betroffen waren. Eigentlich ein Nachteil für die Veranstaltung, wie uns Christopher Flato, Vizepräsident des eSport-Bund Deutschland verriet

Technik-Chaos dämpft gute Stimmung

08. Juli. Als es sportlich mit dem FIFAe Club World Cup losging, blieben entsprechend weite Teile der Tribünen leer. Allerdings sorgten die saudi-arabischen Fans für gute Stimmung und peitschten nicht nur die Lokalmatadore an. Vor allem die Aufholjagd von RB Leipzig gegen Bröndby Esport beeindruckte die Anhänger, die sich auch danach auf die Seite des späteren Titelgewinners stellten. "Das hat uns auf jeden Fall Rückenwind gegeben", sagte Anders 'RBLZ_Vejrgang' Vejrgang im Gespräch mit kicker eSport. "Die Stimmung ist schon etwas Besonderes", ergänzte sein Teampartner Umut 'RBLZ_Umut' Gültekin.

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Doch bevor es soweit kam, herrschte erstmal Frust, vor allem bei Vejrgang. Denn zum Auftakt in die erste Abendsession der Sachsen gab es massive technische Probleme. Bei RBLZ-Gegner Riders x Atletico Madrid brach laufend die Verbindung ab - nach mehrmaligen Neustarts legten die Aussetzer schließlich sogar das ganze Event lahm. Die Veranstaltung ging in eine "technische Pause", die knapp 50 Minuten andauerte. 50 Minuten, in denen keiner wusste, ob und wie es weitergeht. Informationen des Veranstalters gab es keine - der Stream pausierte, Tweets oder ähnliches blieben aus.

Spektakel, Dramatik und das beste Finale, "was ich je gespielt und auch geschaut habe"

14. Juli. Sportlich gab es in Riad durchaus einige Highlights. Nicht nur die Aufholjagd der Leipziger, auch das Elfmeterschießen mit 30 Anläufen zwischen FUTWIZ und Ajax Amsterdam, vor allem aber das Finale des FIFAe Nations Cup zwischen Brasilien und den Niederlanden bleiben in Erinnerung. "Dieses Endspiel war das beste, was ich je gespielt und auch gesehen habe", sagte Titelträger Paulo 'PauloNeto' Neto im Gespräch mit kicker eSport.

Eine offensive, mitreißende Partie, die viele Geschichten schrieb. Eine komfortable Führung der Niederländer. Pech, aber auch Mut der Brasilianer, die sich letztlich in die Verlängerung kämpften und dort kurz vor Ende mit einer sehenswerten Aktion den Titel ergatterten. Ein Zwischenhoch der FIFAe Finals, das allerdings jäh abreißen sollte.

Das "größte Event" mit den größten Patzern

18. Juli. Abgeschlossen wurde die WM-Serie letztlich mit dem FIFAe World Cup - dem viel zitierten "größten Event". Groß wurden in erster Linie die Aufreger und Skandale, die der FeWC schrieb. Zurückgekehrt waren die technischen Probleme. Verbindungsabbrüche sorgten am zweiten Tag für ein Déjà-vu. Wieder eine Pause, wieder keine Informationen - dieses Mal knapp eineinhalb Stunden Ungewissheit. Schließlich gingen die letzten Partien gegen 0:25 Uhr Ortszeit über die Bühne. Um 15:00 Uhr standen tags darauf bereits die ersten Achtelfinalpartien auf dem Plan.

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Doch auch daraus wurde nichts. Dieses Mal hatten nicht näher bekannte Schwierigkeiten zur Folge, dass die Begegnungen um zwei Stunden nach hinten verschoben wurden. Angekündigt wurde die neuerliche Verzögerung wiederholt sehr kurzfristig und halbherzig. "Sitze um 14:55 Uhr vor dem PC, um mir Diego 'Tuga810' Pombo gegen Razvan 'RvPLegend10' Puiu reinzuziehen. Kein offizieller Stream online. Man hat schon eine Vermutung. Nach offiziellem Beginn lese ich dann irgendwo, dass das Ganze um zwei Stunden verschoben wurde", twitterte Richard 'RBLZ_Gaucho' Hormes verärgert.

Ich wüsste nicht, ob ich jemals wieder zu einem dieser Turniere kommen dürfte.

Daniel 'Fehrminator' Fehr, Trainer RBLZ Gaming

Entsprechend waren auch die Planungen der Spieler hinfällig, sämtliche Viertelfinalpartien wurden zudem auf 19:00 Uhr verlegt. Problematisch, gab es doch auch Achtelfinalpaarungen um 18:00. Eine Pause dazwischen war nicht für alle möglich. Unter den Betroffenen: 'RBLZ_Vejrgang'. Dessen Gegner, Francesco 'Obrun2002' Tagliafierro, hatte schon um 17:00 Uhr gespielt und somit etwas Regenerationszeit, die er nutzte und den Dänen aus dem Turnier warf.

"Anders musste sofort wieder ran. Das ist natürlich scheiße", wurde Vejrgangs Trainer, Daniel 'Fehrminator' Fehr, gegenüber kicker eSport deutlich. Ein fairer und integrer Wettbewerb? "Ich glaube nicht", so der 'Fehrminator': "Wären wir nicht erst im Viertelfinale, sondern schon in der Gruppenphase ausgeschieden, wüsste ich nicht, ob ich jemals wieder zu einem dieser Turniere kommen dürfte. Mir wäre dann sehr der Kragen geplatzt."

Controller-Input im Elfmeterschießen zu sehen - 'Mark11's Bitte blieb ungehört

19. Juli. Den größten Skandal gab es jedoch im Finale. Eine spannende Partie zwischen Manuel 'ManuBachoore' Bachoore und Mark 'Mark11' Zakhary ging ins Elfmeterschießen. Der Australier hatte die Option aktiviert, das Overlay seines Controllers anzuzeigen - welches der gesamten Welt präsentiert wurde, als sein Ingame-Bild den Weg auf die große Leinwand in der Halle fand. Jeder Anwesende konnte sehen, in welche Ecke er zielte oder den Torhüter bewegte. Zwar hob er mehrfach die Hand und bat einen Schiedsrichter um Hilfe, doch wurde ignoriert. 

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Bachoore beteuerte im anschließenden Gespräch mit kicker eSport zwar, von dem Vorteil weder gewusst noch ihn genutzt zu haben: "Wenn ich gespickt hätte, hätte ich ihm sofort die Trophäe übergeben." Von einem vollends fairen Wettbewerb konnte bei der gestörten Konzentrationsphase von Zakhary aber einmal mehr während der FIFAe Finals 2023 nicht die Rede sein. Ein anders lautendes Statement der FIFA wurde in den sozialen Medien entsprechend schlecht aufgefasst. Und so merkte man auch dem Weltmeister an, dass der Titel seine Schattenseite hatte. Denn viel wurde über die besagte Szene gesprochen, eher wenig über Bachoores starke Leistung.

Ein Sinnbild für die gesamte Veranstaltung und den Abschied von EA SPORTS und der FIFA, für den Kommentator Brandon Smith auf Twitter das treffendste Fazit fand: "Schade, dass es von diesem Ende überschattet wurde." 

Sven Grunwald

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