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Pokémon: Auf der Suche nach dem perfekten Team

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Pokémon: Auf der Suche nach dem perfekten Team

Pokémon eSport bietet große taktische Tiefe und begeistert weltweit eine Menge Fans. Wir werfen eine Blick in die Welt der Taschenmonster.

Pokémon eSport bietet große taktische Tiefe und begeistert weltweit eine Menge Fans. Wir werfen eine Blick in die Welt der Taschenmonster. kicker eSport

Pokémon fasziniert seit vielen Jahren Jung und Alt. Für die Jüngeren sind es die putzigen Monster, die man erziehen und formen kann, für die Älteren ist es die Strategie, die durchaus einiges an Tiefe bietet. Es lag nahe für Nintendo, eine eigene eSport-Sparte aufzumachen, die in der Weltmeisterschaft am letzten Augustwochenende ihren diesjährigen Höhepunkt findet.

Profi erklärt Faszination

Markus '13Yoshi37' Stadter ist seit über zehn Jahren aktiver Spieler und hat schon einige Wettbewerbe gewonnen. Noch immer ist der 23-Jährige begeistert: "Mich fasziniert am Spiel vor allem, dass es so viele verschiedene Möglichkeiten und Strategien gibt, sodass es eigentlich immer noch irgendetwas neues auszuprobieren gibt und man nie am optimalen Team angekommen sein kann." Tatsächlich balanciert Entwickler Game Freak für jede Edition aus, dass zwar starke Teams möglich sind, jedoch niemals ein "perfektes" Team. Jede Pokémon-Mannschaft, bestehend aus maximal sechs Monstern, hat immer ihre Stärken und Schwächen. Und nicht nur das schafft taktische Tiefe: "Spielerisch reizt es mich, dass beide Kontrahenten ihre Züge gleichzeitig eingeben, sodass es sehr wichtig ist, antizipieren zu können, was dein Gegenüber als nächstes vorhat. Auch in einer ziemlich aussichtslosen Lage kann man manchmal durch sehr waghalsige Züge noch zurückkommen, sodass Kämpfe meistens bis zum letzten Pokémon sehr spannend sind", führt Stadter weiter aus.

Vier Züge gleichzeitig

Pokémon eSport funktioniert etwas anders, als herkömmliche eSportarten. Da wird entweder gleichzeitig wie in FIFA oder LoL agiert, oder abwechselnd wie in Hearthstone. In Pokémon-Spielen haben die zwei am Kampf beteiligten Trainer seit jeher gleichzeitig ihre Züge eingegeben. In der modernen eSport-Variante hat aber jeder Spieler zwei Pokémon auf dem Feld. Sind alle Züge eingegeben, werden also vier Aktionen hintereinander ausgeführt. Da am Ball zu bleiben ist nicht leicht. Alle Möglichkeiten des Gegners wollen bedacht sein, und die eigene Strategie darüber hinaus auch gegen den Widerstand des anderen Trainers umgesetzt werden.

Da kann man es sich auch mal erlauben, den 3DS für ein paar Monate in der Ecke liegen zu lassen.

Profi Markus Stadter über die Traningsintensität von Pokémon.

Haben beide Trainer ausgewählt, arbeitet das Kampfsystem die Aktionen beider Spieler in einer Rangfolge ab, die durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst wird. Jedes Pokémon bringt einen Initiative-Wert mit und das Monster mit dem höchsten Wert zieht zuerst. Diese Rangfolge kann aber durch Items oder spezielle Attacken beeinflusst werden. Das Ziel jedes Pokémon-Kampfes ist es, die vier Monster, mit denen jeder Spieler in das Match geht, zu besiegen, also deren Lebenspunkte auf 0 zu bringen.

Doppelkampf macht Turniere schneller

Mit zwei Monstern auf dem Feld wird das Spiel taktischer, aber auch schwieriger. Wir haben Anthony Cornish, Marketing Director der Pokémon Company gefragt, warum das Format geändert wurde: "In offiziellen Wettkämpfen ist das Doppelkampf-Format in der Regel schneller, als das 1vs1 und das ist hilfreich, wenn die Spieler bei Offline-Turnieren antreten und nicht online. Außerdem gibt es zusätzliche Mechaniken die speziell in Doppelkämpfen auftreten und ganz neue Strategien und Spannung in Pokémon-Kämpfe bringen."

In Nashville in den USA findet die diesjährige Weltmeisterschaft statt. Nintendo passt die Pokémon dafür thematisch an.

In Nashville in den USA findet die diesjährige Weltmeisterschaft statt. Nintendo passt die Pokémon dafür thematisch an. Nintendo

Modernes Schach

Auf den zweiten Blick wirkt Pokémon eher wie eine moderne Form von Schach. Züge müssen vorhergeplant werden, und Strategien ausgeklügelt und umgesetzt werden. Für Trainer ist es ganz besonders wichtig, jedes Pokémon und jede Attacke zu kennen. Aus etwa 750 Monstern können die Trainer auswählen und einer Unzahl an Fähigkeiten. Das klingt nach langen Stunden stupiden Lernens. "Viel Auswendiglernen ist da vielleicht am Anfang, wenn man sich merken muss welches Pokémon wie schnell sein kann und mit welchen Attacken man rechnen muss, doch viel kommt mit der Zeit dann einfach sehr intuitiv", sagt Stadter, dessen Lieblingspokémon Gengar ist, "Man kennt die häufigsten Movesets, lernt Schaden ungefähr abzuschätzen und kann sich dann vollkommen auf das spielerische Element konzentrieren." Aber auch der Profi findet Gefallen an etwas, das Schachspieler wohl unterschreiben würden: "Mir macht es besonders viel Spaß, längere Sequenzen an Spielzügen schon vorher im Kopf zu planen, oder den Plan meines Gegners an der entscheidenden Stelle zu durchkreuzen, wenn ich ihn durchschaut habe."

Den 3DS in der Ecke liegen lassen

Training der Monster würde bei ihm allerdings nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Tatsächlich erlangen die Monster in den neueren Editionen deutlich schneller und leichter das im eSport erforderliche Level 50. Pokémon ist also weniger stark vom Grinden betroffen, als noch zu Anfang. Laut Stadter ist aber weniger das perfekte Wissen maßgeblich, sondern etwas anderes: "Mit der Zeit lernt man größere Zusammenhänge besser zu verstehen und da es nicht wichtig ist, seine Reaktionsschnelligkeit aufrechtzuerhalten, kann man es sich auch mal erlauben, den 3DS für ein paar Monate in der Ecke liegen zu lassen und sich dann erst wieder konkret vor einem großen Turnier mit der Materie zu befassen." Ob die Teilnehmer der diesjährigen Weltmeisterschaft in den letzten Wochen allerdings ihren 3DS in der Ecke liegen gehabt haben, darf bezweifelt werden. Das Turnier beginnt am Freitag den 24. August in Nashville. Zuschauen könnt Ihr per Livestream unter twitch.tv/pokemon.

Holm Kräusche