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eSport doch kein Sport? Bundesregierung rudert zurück

Verantwortung an DOSB weitergeschoben

eSport doch kein Sport? Bundesregierung rudert zurück

Die Bundesregierung zieht sich aus der Verantwortung bei der Anerkennungs-Frage.

Die Bundesregierung zieht sich aus der Verantwortung bei der Anerkennungs-Frage. kicker eSport

"Wir erkennen die wachsende Bedeutung der eSport-Landschaft in Deutschland an. Da eSport wichtige Fähigkeiten schult, die nicht nur in der digitalen Welt von Bedeutung sind, Training und Sportstrukturen erfordert, werden wir eSport künftig vollständig als eigene Sportart mit Vereins- und Verbandsrecht anerkennen und bei der Schaffung einer olympischen Perspektive unterstützen", liest sich der im Februar veröffentlichte Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD.

Die Weichen für den eSport in Deutschland schienen damit gestellt. Auf eine kleine Anfrage der FDP im Bundestag folgt nun allerdings Ernüchterung. "Es gibt kein Anerkennungsverfahren für Sportarten durch die Bundesregierung", hieß es im Antwortschreiben ebenjener Bundesregierung. Jegliche Verantwortung wird nun auf die Sportverbände in Deutschland abgewälzt. "Begleiten und beobachten", darauf beschränkt sich die Bundesregierung. Das Bewerten des eSport überlässt sie dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB).

Kehrtwende

Die Antwort der Bundesregierung überrascht, denn es ist eine Abweichung von der Position aus dem Koalitionsvertrag. Ferner hatten sich Deutschlands Parteien immer wieder im Verlaufe des Jahres sehr positiv zum Thema eSport geäußert. Erst am 22. August standen sich Repräsentanten von fünf Spitzenparteien in einer Debatte auf der gamescom gegenüber . Unter ihnen herrschte Konsens, dass eine Förderung des eSport stattfinden müsse. SPD-Generalsekretär und Bundestagsmitglied Lars Klingbeil nannte gegenüber kicker eSport die Gemeinnützigkeit von eSport-Vereinen und neue Visa-Bestimmungen für Profis als Punkte, an denen die SPD arbeiten wolle.

Neue Visa-Bestimmungen

Die von Klingbeil erwähnten Themen wurden auch in dem Schreiben der Bundesregierung adressiert. Bei der Visa-Problematik wurde Abhilfe geschaffen. eSportler werden fortan wie Sportler behandelt, wenn es um eine Beschäftigung bei einer eSport-Veranstaltung geht und profitieren von vereinfachten Antragsverfahren. Die Dauer dieser Tätigkeit darf aber 90 Tage innerhalb eines Jahres andauern. Für große eSport-Ligen, die über ein ganzes Jahr stattfinden, bleibt das bisherige Problem daher bestehen. Änderungen an den bestehenden Aufenthaltsrechten will die Bundesregierung nicht durchführen. "Der Bedarf (..) wird nicht gesehen", so die Aussage des Schreibens.

Gemeinnützigkeit bleibt ungeklärt

Bei der Gemeinnützigkeit von eSport Vereinen sieht die Bundesregierung ebenfalls keinen Handlungsbedarf. Stattdessen beruft man sich bei den von der FDP gestellten Fragen auf bereits bestehende Gesetze. eSport-Vereine werden kategorisch zwar nicht ausgeschlossen, im Rahmen der von der Abgabenordnung vorgegebenen Kriterien kann eSport jedoch nicht als Sportart anerkannt und demnach nicht als Sportverein für gemeinnützig erklärt werden. Steuerliche Vorteile winken Organisationen, die die Gemeinnützigkeit erlangen.

Dadurch bleibt den Organisationen einzig der Umweg über andere Felder wie Jugendförderung. Laut Magdeburg eSports Vorsitzenden Martin Müller ist das jedoch keine zufriedenstellende Option, da in dem Fall nicht die gesamte Organisation als gemeinnützig gilt ist. Zudem handelt es sich dabei um keine allgemeingültige Lösung.

Reaktion vom ESBD

Auch der eSport-Bund Deutschland (ESBD) äußerte sich zum Schreiben der Bundesregierung. "Die Antworten der Bundesregierung sind in der Gesamtbetrachtung aufschlussreich, aber von Indifferenz geprägt. In der Beurteilung des Sportcharakters von eSport bleibt die Bundesregierung sogar hinter Einordnung durch den DOSB als 'vergleichbare sportliche Aktivität' zurück, da sind wir in der Debatte schon viel weiter. Wir brauchen jetzt eine einheitliche Linie und die Bundesregierung hat sich mit den Vereinbarungen des Koalitionsvertrages einen klaren Arbeitsauftrag gegeben. Das Versprechen, eSport als Sportart anzuerkennen, fordern wir konsequent ein", kommentierte ESBD-Präsident Hans Jagnow.

Der nächste Wendepunkt in der Debatte um den eSport als Sportart in Deutschland steht im Dezember an. Dann will der DOSB seine Empfehlung abgeben und damit auch das zukünftige Verhalten der Bundesregierung beeinflussen.

Christian Mittweg