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Cheater und Match-Fixing-Ring? Dota 2 versinkt im Chaos

Russischer Blogger erhebt schwere Vorwürfe

Cheater und Match-Fixing-Ring enttarnt? Dota 2 versinkt im Chaos

Über der eSport-Welt in Dota 2 ziehen dunkle Wolken auf.

Über der eSport-Welt in Dota 2 ziehen dunkle Wolken auf. Valve

Eigentlich sind die Mechanismen des fairen Wettbewerbs klar umrissen: Zwei Kontrahenten treten gegeneinander an, die bessere Partei setzt sich durch, die schwächere unterliegt. In Dota 2 entwickelt sich jedoch derzeit ein Manipulations-Thriller, in dem den Hauptakteuren daran gelegen scheint, diese Grundstrukturen des eSports auszusetzen und sich damit die Taschen zu füllen.

Skandalöse Vorwürfe aus dem Netz

Zumindest behauptet das der russische Blogger und YouTuber 'Morf' in einem gut halbstündigen Video, für das er mit Hilfe eines Mitstreiters Discord-Channel infiltriert, Hintermänner ausfindig gemacht und indirekt selbst auf womöglich manipulierte Partien gewettet haben will. Inzwischen zeigte sich einer der beschuldigten Profis tatsächlich geständig.

Anfang des Jahres begann alles mit der Neon League, einem Turnier, das einige Teams anscheinend als Vorbereitung auf die Saison und den Dota Pro Circuit (DPC) nutzten. Bei dem DPC handelt es sich um die höchste Spielklasse in Dota 2, über die man sich für die Dota-2-Weltmeisterschaft, The International, qualifiziert. 

Dota 2: Was ist The International?

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Eins der Teams, das sich in der Neon League vorbereiten wollte, war HYDRA, eine junge eSport-Organisation aus der Kirgisischen Rebublik. Diese hatte sich im Laufe der letzten Jahre stetig nach oben gespielt und war zuletzt mit einer beeindruckenden Leistung aus der zweiten Division in die erste Klasse des DPC eingezogen. 

Im Rahmen der Neon League hatte es Unregelmäßigkeiten während des Matches zwischen HYDRA und Ivy gegeben. Nachdem Ivy die erste Map gewonnen hatte, war die Partie abgebrochen worden. Der offizielle Grund: Es hatte eine unverhältnismäßig hohe Anzahl an Wetten auf einen 2:1-Sieg HYDRAs gegeben - womit sich der Kreis zu 'Morf' schließt. 

Dieser behauptet nämlich, das Duell der Neon League sei eins der manipulierten Spiele gewesen, auf die er über ein Wett-Netzwerk auf Discord habe wetten können. Hintermann dieses Netzwerks soll Anton Monetin sein, der früher für Winstrike arbeitete und in der Szene bestens vernetzt ist. Zu seinen "Schützlingen" zähle auch der HYDRA-Profi Antoliy 'Lefitan' Krupnov. 

Beschuldigter Profi verliert seinen Slot - und zeigt sich geständig

Krupnov verlor nun im Zuge der Veröffentlichungen von 'Morf' seinen Platz im HYDRA-Roster, nachdem bereits kurz nach der Neon League klar geworden war, dass er gegen Ivy eine kontroverse Erweiterung namens "Overplus" verwendet hatte. Diese Applikation sorgt für erhebliche Vorteile, indem sie in einem Overlay entscheidende Informationen über den Gegner offenlegt.

Angeblich, so hieß es von seinem Team, habe Krupnov die Erweiterung in privaten Trainigsmatches aktiviert, "um schlechte Mitspieler zu vermeiden" und lediglich vergessen, "sie während des offiziellen Spiels auszuschalten". Deshalb habe die Organisation von einer Trennung zunächst abgesehen, die nun im Licht der neuen Vorwürfe wohl alternativlos wurde.

Während des Austauschs mit 'Lefitan' gab er seine Schuld zu.

HYDRA ESPORTS

"Nach genauer Prüfung der Situation haben wir entschieden, die Zusammenarbeit mit 'Lefitan' aufgrund des Risikos möglicher negativer Reputation, die eine signifikante negative Auswirkung haben könnte, zu beenden", hieß es von den Kirgisen, ehe ein Nachsatz ordentlich Zündstoff liefert: "Während des Austauschs mit 'Lefitan' gab er seine Schuld zu und verlieh seinem Wunsch Ausdruck, offiziell zu dem Thema Stellung zu beziehen."

Ganze Events nur Fassade?

Gibt es also wirklich groß angelegte Spielmanipulationen und eine Wettmafia in Dota 2? 'Morf' ist sich sicher und hört bei den Vorwürfen gegen HYDRA noch lange nicht auf. Zahlreiche Spiele vieler Teams, darunter etwa Wildcard Gaming oder Thiuth, habe man in Monetins Discord wählen und darauf wetten können - was dem eingeschleusten Kontaktmann des YouTubers auch mehrfach erfolgreich gelungen sei.

Für diese Anschuldigungen spricht, dass Thiuth, ein DPC-Team aus Nordamerika, Bauyrzhan 'lilskrip' Bisembaev Ende 2022 kündigte, weil dieser wegen Account-Sharings und dem Spielen im Namen von Spielern anderer Teams während offizieller Turniere auf Lebzeiten von allen eSport-Turnieren verbannt wurde.

Doch damit noch nicht genug: 'Morf' geht noch einen Schritt weiter und unterstellt Monetin, ganze Fake-Events aufgezogen zu haben. Darunter auch die Neon League selbst, die Monetin als abgekartetes Spiel inszeniert haben soll. So sei der Plan ursprünglich gewesen, HYDRA jedes Spiel mit 2:0 gewinnen zu lassen. Nachdem dies aufgrund der ersten Pleite gegen Ivy nicht mehr möglich gewesen war, habe Monetin das Team disqualifiziert.

Wettstreit der Wettmafien

Grund hierfür wäre die Annahme Monetins gewesen, Krupnovs Teamkollegen seien von einer konkurrierenden Wett-Organisation kontaktiert und dafür bezahlt worden, das Ergebnis herbeizuführen, auf das unverhältnismäßig hoch und oft gesetzt worden sei: 2:1 für HYDRA. Das Team selbst tat diese Vorwürfe aber ab. Man habe das Turnier als "Ersatz für Training" gesehen und genutzt, um "Strategien zu testen, von denen einige funktioniert haben und andere nicht". 

So schlüssig die Vorwürfe von 'Morf' an einigen Stellen auch klingen mögen, sind die Enthüllungen des russischen Bloggers mit Vorsicht zu genießen. Bei den meisten Beweisen für seine Recherchen handelt es sich um Screenshots von Konversationen, die gleichermaßen bearbeitet wie auch aus dem Kontext gerissen sein könnten. Weiteres Licht ins Dunkle wird wohl erst das angekündigte Statement von 'Lefitan' bringen. 

mja