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Motorsport Manager: Segas nächster Simulations-Hit?

Die Rennsport-Simulation im Test

Motorsport Manager: Segas nächster Simulations-Hit?

Kann der Motorsport Manager genauso überzeugen wie der Football Manager?

Kann der Motorsport Manager genauso überzeugen wie der Football Manager? Sega

Im Motorsport Manager nimmt der Spieler die Rolle eines Team-Chefs ein, der sich nicht nur um die richtige Wagen-Konfiguration, sondern auch um die Finanzen und die Belange der Fahrer kümmert. In einer von drei vorgegeben Rennserien lässt sich dann ein Team aussuchen, mit der dann um die Meisterschaft gefahren wird.

Die Möglichkeiten sind zu Beginn zwar etwas überwältigend, werden später aber zur Routine-Aufgabe. Dennoch ist viel Aufmerksamkeit im Tutorial und ein gewisses Grundverständnis für Abläufe und Technik des professionellen Rennsports gefragt. Obwohl die ersten Hilfestellungen sehr nützlich sind, kommt es vor allem später auf die richtigen Ideen und Entscheidungen unmittelbar vor und während eines Rennens an.

Ein Team verpflichtet drei Fahrer, zwei Stamm- und einen Ersatz-Piloten, darüber hinaus separate Ingenieure. Die Wagen der Fahrer lassen sich unabhängig voneinander weiterentwickeln und müssen mit neuen Teilen ausgestattet werden, welche sich ebenfalls erforschen lassen. Diese sind dann zwar deutlich leistungsstärker, haben aber eine geringere Haltbarkeit, was im entscheidenden Rennen zum Verhängnis werden kann.

Der Teufel steckt im Detail

Jeder Fahrer hat individuelle Attribute und Eigenschaften.

Jeder Fahrer hat individuelle Attribute und Eigenschaften. kicker eSport

Der wirkliche Spiel-Kern sind dann die regelmäßigen Renn-Wochenenden, die zwar auf fiktiven Strecken stattfinden, aber sehr stark an reale Kurse der Formel 1 erinnern. Im Training kommt es vor allem auf das richtige Wagen-Setup an - hier kann der Bolide über sechs verschiedene Regler konfiguriert werden. Nachdem die Piloten die Änderungen ausprobiert haben, erhält man Feedback, ob die Einstellungen zur Strecke passen. In genau diesem Detail steckt aber einer der größten Kritikpunkte: Zwar lässt sich mit einem grundlegenden Wissen von Physik und Aerodynamik bereits sehr gut prognostizieren, wie ein Formel-Wagen auf der jeweiligen Strecke einzustellen ist, gewisse Abhängigkeiten sind aber absolut unrealistisch. Die sechs Regler verändern drei Grundattribute. Hierbei kann dasselbe Ergebnis mit vollkommen unterschiedlichen Einstellungen erreicht werden und die Differenz zwischen Heck- und Frontflügel scheint ebenfalls komplett ignoriert worden zu sein. Dies fördert zwar die Spielbarkeit für Anfängern, frustriert allerdings den Hobby-Ingenieur.

Du bist hier um zu lenken, nicht um zu denken!

Die drei Meisterschaften sind stark an die GP3, GP2 und Formel 1 angelehnt.

Die drei Meisterschaften sind stark an die GP3, GP2 und Formel 1 angelehnt. kicker eSport

Während des eigentlichen Rennens sammelt der Motorsport Manager allerdings wieder einige Pluspunkte. Mit der richtigen Strategie lässt sich nämlich auch mit einem Mittelklasse-Wagen ein Rennsieg herausfahren. Durch geschickte Reifenwechsel und gut geplanten Benzin-Verbrauch kann man der Konkurrenz durchaus ein Schnippchen schlagen. Allerdings ist die Simulation des Renngeschehens manchmal etwas fragwürdig. Die Piloten fahren selbstständig und können lediglich zum Boxenstopp reingerufen werden. Mit zwei Variablen lassen sich dann noch das allgemeine Fahrverhalten und der Benzinverbrauch bestimmen. Auf der Strecke ist dann aber öfters Kopfschütteln angesagt: Das Feedback der eigenen Fahrer lässt darüber hinaus ebenfalls schnell erkennen, warum sie den Wagen lediglich steuern und nicht am Kommandostand sitzen. Wenn ein Pilot seine aufgebrauchten Reifen nur noch über zwei Runden ins Ziel schleppen soll, muss er dem Team nicht permanent mitteilen, dass er neue Reifen möchte.

Der Nervenkitzel und die Spannung, wenn sich die Wetterverhältnisse schlagartig ändern, eines der Bauteile kurz davor ist seinen Geist aufzugeben oder ein Boxenstopp nicht klappt, sind aber durchgehend präsent. Die Anweisung, dass der Pilot mit abgefahrenen Reifen und dem letzten Tropfen Benzin noch einmal pushen soll, während er am Heck des Vordermanns klebt, gleicht einem Kampfschrei. Wenn der Pilot, der sich selbstverständlich darüber beklagt, dass seine Reifen nahezu unfahrbar sind, es dann in der letzten Runde schafft den Führenden zu überholen, ist dann aber Belohnung genug. Ein Doppelsieg ohne Hektik, sondern mit guter Strategie und geschickten Reifenwechsel, ist zwar bei Weitem nicht so aufbrausend, aber mindestens genauso befriedigend. Der Motorsport Manager schafft es, die Faszination von Renn-Simulationen vollkommen neu aufleben zu lassen.

Fehlende Balance

Anweisungen und Einstellungen hin oder her: Am Ende muss man sich auf die eigenen Piloten verlassen!

Anweisungen und Einstellungen hin oder her: Am Ende muss man sich auf die eigenen Piloten verlassen! kicker eSport

Der Fortschritt eines Jahres lässt sich leider nur sehr bedingt in die kommende Saison übernehmen, wodurch es sehr schwierig ist, aus einem Unterklasse-Team ein Meister-Team zu machen. Vor allem die Fixkosten für Personal sind aktuell sehr schlecht skaliert. Von der untersten Rennklasse in die oberste Serie aufzusteigen und Meister zu werden, ist somit ohne Teamwechsel nur sehr schwer machbar. Finanzielle Mittel und gewisse Grundlagen sind durch einen Wechsel viel schneller zu erreichen, als durch Eigenarbeit innerhalb eines einzelnen Teams. Dies sollte nicht Sinn der Sache sein. Neben dem klassischen Karriere-Modus bietet der Motorsport Manager auch eigene Herausforderungen und die Möglichkeit, ein separates Wochenende mit einem Team der Wahl auszuprobieren.

Unterm Strich ist der Motorsport Manager ein äußerst gutes Aufbauspiel, das zu keinem Zeitpunkt den Charme eines Mobile-Games versprüht und mit vielen technischen Details glänzt. In gewissen Punkten dürfte er noch etwas genauer und technisch korrekter sein, in anderen wiederum etwas verzeihender. Dennoch bleibt er konkurrenzlos und ist für jeden Motorsport und Simulations-Fan ein absoluter Pflichtkauf.

Robin Schulz