kicker

Absichtliche Niederlagen und gefälschte Beweise

Dota 2 Wettskandal, Arrow Gaming: "Wir brauchten Geld"

Absichtliche Niederlagen und gefälschte Beweise

Zwei Spieler des Dota 2-Teams "Arrow Gaming" haben gegen das eigene Team gewettet und die nächste Partie manipuliert.

Zwei Spieler des Dota 2-Teams "Arrow Gaming" haben gegen das eigene Team gewettet und die nächste Partie manipuliert. kicker eSport

Zwei Teams disqualifiziert

Bereits vor einigen Tagen wurde bekannt, dass die beiden asiatischen Teams „Mineski“ und „MSI.EvoGT“ von „The Summit“ disqualifiziert wurden. Beiden konnte Wettbewerbsbetrug nachgewiesen werden. Sie hatten keine Chance mehr, die Gruppenphase aus eigener Kraft zu schaffen und nutzten die restlichen Matches, um sie absichtlich zu verlieren.

Absichtliche Niederlage

In einem weiteren Gruppenspiel der russischen „Synergy League“ verlor das renommierte Team „Arrow Gaming“ überraschend deutlich gegen das sehr junge und relativ unbekannte Team „Can’t Say Wips“. Kurz darauf wurde bekannt, dass im Vorfeld sehr hohe Wetten über die etablierte Plattform „Dota2Lounge“ gegen „Arrow“ abgegeben wurden. Nach kurzer Investigation stellte sich heraus, dass die Wetten von einer umgeleiteten Internetverbindung in der Nähe des Team-Standortes aufgegeben wurden. Der Kapitän, des unfreiwillig beteiligten Teams „CSW“, Darcy „Godot“ Jose, sagte gegenüber joinDOTA: „Während wir glücklich darüber sind, weiterhin an der Synergy League teilzunehmen, können wir so ein Verhalten nicht dulden und sind in keiner Weise in diese Manipulationen involviert.“

Das Spiel gegen „Can't say Wips“ verlor „Arrow“ mit 42 zu 17 Kills.

Das Spiel gegen "Can't say Wips" verlor "Arrow" mit 42 zu 17 Kills. kicker eSport

Der Admin der Synergy League, „dreamknoxville“, gab im Interview mit joinDOTA bekannt, dass sie „Arrow Gaming“ umgehend von der aktuellen und nächsten Saison disqualifizieren werden. Die beiden Spieler „ddz“ und „Lance“, die Hauptakteure im Wettskandal, werden auf Lebenszeit gesperrt.

The Summit 2 ohne Arrow

Die Qualifikationsrunden für „The Summit 2“, das nächste große internationale Event im Dota 2 Kalender, laufen bereits seit einigen Tagen auf Hochtouren. „Arrow Gaming“ war ebenfalls in der South-East-Asia Gruppe vertreten. In einem Statement des Kommentators und Mitgründer der „Summit“, David „GoDz“ Parker, erklärt er die Disqualifikation des Teams: „Nach einigen Nachforschungen an Spielen, die unter Verdacht standen, manipuliert worden zu sein, werden wir Arrow umgehend disqualifizieren. Wir standen in engem Kontakt mit Dota2Lounge und versuchten so viele Informationen und Beweise wie möglich zu bekommen, um die richtige Entscheidung zu treffen. Als globaler Turnier-Organisator können wir nicht dulden, was uns aktuell präsentiert wird.

Gefälschte Beweise

Kurz darauf tauchten angebliche Beweise in Form von Chat-Screenshots auf, die angeblich die Unschuld der involvierten Spieler erklären sollten. Sowohl Fua „Lance“ Hsien Wan und „Kok „ddz“ Yi Liong“, als auch deren jeweiligen Freundinnen, standen unter Verdacht, die Wetten im Vorfeld abgeben zu haben. Die „Synergy League“ nahm diese Beweise genau unter die Lupe und enttarnte sie bereits kurz darauf als gefälscht.

Die Entschuldigung

Wenige Stunden später sahen das Team und die angeprangerten Spieler keinen Ausweg mehr und entschuldigten sich in einem öffentlichen Statement: „Wir geben zu, dass die Anklagen gegen DDZ und Lance wahr sind und wir entschuldigen uns für unseren Fehler. Wir dachten ursprünglich darüber nach, weil wir dringend Geld brauchten. Wir leben in einer Stadt, sind unterbezahlt und die Dinge wurden immer für uns immer härter.“

„Wir entschuldigen uns außerdem, dass wir zu dumm waren, zu realisieren, wie unethisch das war. Wir entschuldigen uns für alles, was wir getan haben. Wir haben das Vertrauen und die Hoffnung unserer Fans verraten und wir werden uns selbst niemals vergeben. Wir hoffen, dass ihr uns vergeben könnt, nach allem was wir getan haben. Vielen Dank.“

Nur wenige Stunden später erreicht die Situation einen erneuten Höhepunkt: Die Entschuldigung ist anscheinend ohne die Einwilligung des Managements veröffentlicht worden. Darüber hinaus wurde ein eigenes Statement der Projektleitung auf Facebook gespostet. Joei Chin, Project Leader bei „Arrow Gaming“, erklärt in einem offiziellen Schreiben, dass die beiden involvierten Spieler „ddz“ und „Lance“ mit sofortiger Wirkung aus dem Team geworfen werden. Das anstehende „MSIBeatIT Championship“-Turnier wird mit zwei Ersatzspielern ausgetragen.

Der Team Manager Jaren Gan wehrt sich außerdem gegen die Anschuldigung, dass er, laut Aussagen der Spieler, „ddz“ und „Lance“ dazu gezwungen habe, die Sache zu vertuschen. Weder Gan, noch die beiden Spieler, können diese Behauptungen beweisen.

Das Team „Arrow Gaming“ nach dem Sieg in der South-East-Asia-Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2014.

Das Team "Arrow Gaming" nach dem Sieg in der South-East-Asia-Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2014. ongamers.com

Konsequenzen

Zusammengefasst bedeutet das, dass „Arrow Gaming“ weder an der „Synergy League“ noch an der „The Summit 2“ teilnehmen wird und ab sofort zwei Ersatzspieler einsetzt, die noch bekannt gegeben werden. „ddz“ und „Lance“ sind nicht mehr Teil des Teams.

Was ist eigentlich „322“?

Auf vielen internationalen Dota 2 Community-Seiten ist das Thema Wettskandal kein unbekanntes Wort. Bereits vor einem Jahr machte der Fall des Spielers „Aleksey „Solo“ Berezin Schlagzeilen, der damals gegen sein eigenes Team „RoX.KiS“ wettete und das Spiel anschließend manipulierte. Sein Gewinn belief sich auf 322 US-Dollar, eine verschwindend geringe Summe, wenn man bedenkt, dass sein Team damals hohe Sanktionen auferlegt bekam. Ein Wettbetrug oder ein absichtlich verlorenes Spiel wird in der Dota-Szene seitdem scherzhaft und in Anlehnung an „Solo“ mit „322“ betitelt.

eSport und Wetten

Auf der Seite Dota2Lounge lassen sich im Spiel gefundene Gegenstände auf professionelle Partien setzen. Je nach Quote erhalten die Spieler mehrere Gegenstände zurück oder verlieren ihre bereits gesetzten. Diese Items lassen sich dann offiziell über die Steam-Plattform an andere Spieler verkaufen. Dadurch erlangen virtuelle Items einen echten Wert, der stellenweise in dreistellige Beträge kommen kann.

Wir haben mit Frederik Vig, dem CEO von eBettle über die Problematik der Match-Manipulation gesprochen. Er startet mit eBettle in wenigen Tagen eine eigene Plattform für professionelle eSport-Wetten. „Manipulation ist ein ernstes Problem - vor allem weil die eSport-Industrie noch in den Kinderschuhen steckt. Es gibt keine offizielle Institution, die sich um diese Vorfälle kümmert, wodurch es deutlich schwieriger ist, solche zu erkennen, zu verhindern und zu sanktionieren.“

Darüber hinaus erklärt Vig, dass manipulierte Spiele äußerst schädlich für die gesamte Community sein können. Um auch auf seiner Plattform solch ein Verhalten zu verhindern, fordert er aber die Mithilfe der zuständigen Organisationen hinter den Ligen und Turnieren.