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'Reynor': Erst Schule, dann eSport

14-Jähriges Nachwuchstalent im Gespräch

'Reynor': Erst Schule, dann eSport

Riccardo 'Reynor' Romiti versucht den Spagat zwischen Schule und eSport zu meistern.

Riccardo 'Reynor' Romiti versucht den Spagat zwischen Schule und eSport zu meistern. DreamHack/Sebastian Ekman

Wenngleich die Einhaltung von Baureihenfolgen, das Trainieren von Schnelligkeit und Genauigkeit für ihn wichtige Bestandteile seiner Zukunft sind, lässt Romiti auf dem Weg zum vollständigen Profidasein die Schulbücher nicht außen vor und stellt StarCraft II vorbildlich erst einmal hinten an. Pläne für später hat er aber bereits geschmiedet. "Ich möchte Vollzeit gehen, weil ich glaube, dass ich mich dadurch verbessern kann", sagte er, aber räumt ein: "Natürlich werde ich meine Schule abschließen, das hat oberste Priorität." Das Training komme insbesondere während intensiven Phasen in der Schule oft zu kurz. "In der Woche ist es schwierig für mich, zu trainieren. Ich mache aber trotzdem ein paar Games. Am Wochenende, und wenn ich Ferien habe, trainiere ich drei bis vier Stunden." Schule und eSport unter einen Hut zu bringen, sei äußerst verzwickt, "insbesondere, wenn ich um sechs aufstehen muss", beschreibt 'Reynor' seinen Tagesablauf. "Wenn ich dann nach Hause komme, bin ich in der Regel sehr müde, deshalb spiele ich während der Ferien viel."

Mit 12 Jahren Rekord gebrochen

Zu großer Aufmerksamkeit gelangte das italienische Zerg-Talent erstmals als er einen außergewöhnlichen Rekord aufstellte. Trotz der Doppelbelastung zwischen Schule und eSport-Karriere ist er der jüngste Spieler, der jemals die Grandmaster League erreichte, also die höchste Liga in der internen Online-Rangliste – und das mit gerade einmal 12 Jahren. Seine Gelassenheit und jugendliche Unbekümmertheit, die er bei Turnieren zeigt, versucht er auch auf sein Training zu übertragen: "Mein wichtigster Ratschlag an jüngere Spieler ist, ohne Druck und für den Spaß zu spielen. Man hat noch so viel Zeit, um sich zu verbessern und ernsthaft zu spielen." Bisher ist diese Philosophie aufgegangen. Bei der Dreamhack:Valencia 2016 erreichte er sensationell die Top Acht. Nach einem überragenden Lauf und insbesondere durch einen Sieg über den europäischen Topspieler Grzegorz 'MaNa' Komincz machte sich 'Reynor' spätestens zu diesem Zeitpunkt einen Namen in der kompetitiven Szene.

Bürokratische Hindernisse

Am liebsten würde er an solche Erfolge sofort anknüpfen und sofort in den nächsten Turnieren angreifen. Einen gravierenden Nachteil bringt das Alter dann aber doch mit sich: "Mein größtes Problem ist derzeit, dass ich an den meisten Turnieren wie der IEM, den WCS Circuit-Events oder deutschen Wettbewerben wegen der Altersbeschränkung nicht teilnehmen darf", sagt er. Das sei für ihn ein solch großes Ärgernis, dass sogar seine Motivation darunter leide. Dieser Umstand könnte seiner Meinung nach eine "Barriere für junge Spieler darstellen, die eine Karriere im eSport starten möchten". Vor wenigen Tagen bekam 'Reynor' dann zu allem Überfluss auch noch eine Absage von den Veranstaltern der DreamHack. Eigentlich hatte das in Schweden ansässige eSport-Turnier Teilnahmen von Spielern in seinem Alter stets erlaubt. Jedoch sind nahezu alle DreamHacks in diesem Jahr Events der World Championship Series, die ein Alter von mindestens 16 Jahren voraussetzt und keine Ausnahmen billigt.

Deshalb muss er sich oft mit Online-Turnieren wie die von der ESL ausgerichteten Go4SC2-Cups begnügen und dort die wertvolle Wettkampferfahrung sammeln. Aber der Schule gehört sowieso derzeit erst einmal die meiste Aufmerksamkeit. Die verliert der Teenager nicht aus den Augen – genauso wenig wie seinen Traum von einem großen Titel.

Lars Becker