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Freude, Tränen, Angst: Das war die StarCraft Pro League

Die SPL im Porträt

Freude, Tränen, Angst: Das war die StarCraft Pro League

Über ein Jahrzehnt prägte die SPL die eSport-Welt.

Über ein Jahrzehnt prägte die SPL die eSport-Welt. KeSPA

Obwohl StarCraft auf kompetitiver Ebene fast ausschließlich in Einzelspieler-Turnieren ausgetragen wird, erfreute sich die SPL als Teamliga an großer Popularität. Durch sie spielten breite Mannschaftskader und Taktiken neben dem virtuellen Schlachtfeld auch in StarCraft bedeutende Rollen. Angestellte Coaches mussten stets ein glückliches Händchen beweisen, um den passenden Spieler auf der passenden Karte gegen den passenden Gegner aufzustellen. Gedankenspiele zwischen den konkurrierenden Trainern machten die ganze Angelegenheit reizvoller. Einige Spieler hatten in den gewöhnlichen Turnieren wenig Erfolg, waren aber als sogenannte 'Sniper' eine heimtückische Waffe, um etwa einen starken Spieler, der gegen einen bestimmten Spieltyp schwächelt, geschickt auszukontern. Das machte die Pro League, neben den Auftritten der großen Stars wie Lee 'Flash' Young Ho oder Lim 'BoxeR' Yo Hwan, so faszinierend.

Wegbereiter für den eSport

Legenden wie Lim 'BoxeR' Yo Hwan spielten in der Pro League. OSEN

Nostalgisch und wehmütig blicken Fans nun auf die beachtliche Historie der ältesten Liga im eSport zurück – sowohl in StarCraft: Brood War als auch StarCraft II. 2003 rief der eSport-Sender OnGameNet die allererste Pro League ins Leben, die 2005 mit der Teamliga des anderen großen Gaming-Senders, MBCGame, fusionierte und die spätere eSport-Welt maßgeblich mitprägte. In den ersten Jahren der Liga befand sich Korea im Ausnahmezustand. Millionen von Spielern verfielen dem Echtzeitstrategie-Titel und Tausende strömten zu den professionellen Partien. Später erkannten finanzstarke Sponsoren wie die Shinhan Bank das Potenzial des eSports, der zu dieser Zeit in anderen Teilen der Welt praktisch noch in den Kinderschuhen steckte, und unterstützten die Pro League.

120.000 am Gwangalli Beach

Luftaufnahme der Pro League auf dem Gwangalli Beach in 2005. TeamLiquid.net

Unvergessen bleibt der Tag im Jahr 2005, als 120.000 begeisterte Fans am Gwangalli Beach in Busan das Finale der SPL besuchten. Unter malerischem Nachthimmel traten die Erzrivalen KT Rolster und SK Telecom T1 gegeneinander an, die auch zehn Jahre später immer noch für elektrisierende Stimmung sorgten. Manche Zuschauer kampierten sogar einen Tag vorher am Veranstaltungsort, um in der aller ersten Reihe die Starspieler aus der Nähe zu bewundern, die nicht nur an der Tastatur Virtuosen waren, sondern mit ausschweifenden Jubelarien ihre Siege zelebrierten. Lee 'firebathero' Sung Hun war Experte in diesem Gebiet und stieg so zur Pro League-Ikone auf, zum Beispiel als er sich 2008 vor tausenden Zuschauern bis auf seine Unterhose entblößte und tanzend in den naheliegenden Ozean sprang.

Rückschläge läuteten das Ende ein

Bis zuletzt nahm die Pro League einen ungeheuer wichtigen Platz zwischen Turnieren wie der World Championship Series (WCS), der Global StarCraft League (GSL) und StarCraft StarLeague (SSL) ein. Obwohl sie anders als andere Turniere nicht die WCS beeinflusste, gehörte sie immer noch zu den beliebtesten Wettbewerben, weil sie eben ganz andere Herangehensweisen forderte.

Die vergangenen Jahre waren hart. Als 2010 StarCraft II erschien, stritten sich Entwickler Blizzard Entertainment und die Korean eSport Association (KeSPA), die das Übertragungsrecht für Brood War besaß, um die koreanische Vorherrschaft im neuen Teil. Erst 2012 einigten sich beide Parteien und organisierten eine Hybrid-Pro League, bei der beide Teile gespielt wurden - später folgte der gänzliche Wechsel. Bloß war StarCraft II nicht so beliebt, wie der Vorgänger einst war.

Die Furcht einer Auflösung der Liga war insbesondere in StarCraft II immer präsent. Fünf Organisationen, darunter auch die langjährigen Rivalen KT Rolster und SK Teleckom T1, lösten ihre SC II-Mannschaften auf. Durch die sinkenden Zuschauerzahlen waren Sponsoren nur sehr schwer für die KeSPA zu akquirieren. Zudem erschütterte ein großer Wettskandal, bei dem einige namhafte Spieler aus Geldgier absichtlich Spiele verloren, das Vertrauen der Fans und das der potenziellen Geldgeber. Die oft wegen ihren strengen Regeln kritisierte KeSPA kämpfte unerbittlich über Jahre um den Erhalt der einzigen großen Teamliga. Mit dem koreanischen Schuhhersteller Sbenu überzeugten sie trotz aller Hürden große Unternehmen, sich doch durch Übernahmen von Teams in der Szene zu beteiligen. Am Ende waren es jedoch einfach einige Hindernisse zu viel und das größte Relikt der alten eSport-Welt gehört jetzt der Geschichte an.

Lars Becker