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Linden: "Der Onlinemodus ist zurückgeblieben"

PES: E-Sportler "El Matador" und "Lutti_1" im Interview

Linden: "Der Onlinemodus ist zurückgeblieben"

In der Gruppenphase der PES-Weltmeisterschaft ausgeschieden: Mike Linden (li.) aus Deutschland und der Östzerreicher Matthias Luttenberger.

In der Gruppenphase der PES-Weltmeisterschaft ausgeschieden: Mike Linden (li.) aus Deutschland und der Östzerreicher Matthias Luttenberger. kicker

kicker: Für Sie beide war diese Finalrunde unerwartet früh beendet. Woran lag es?

Mike Linden: Durch die Gruppenphase hier zu kommen, ist schwerer als ein Viertelfinale für sich zu entscheiden. In der K.o.-Phase – mit Hin- und Rückspiel – kann man sich auf den Gegner einstellen und mal ein Spiel ruhig zu Ende spielen. Durch den neuen Qualifikationsmodus sind nur richtig gute Spieler dabei und die Gruppen richtig eng. „Ettorito97“, einer der beiden Finalisten, wäre auch fast rausgeflogen. Ein einziges Tor half ihm zum Weiterkommen.

Matthias Luttenberger: Ich habe einfach einen schlechten Tag erwischt. Als Spieler bin ich sehr empfindlich, was die Geschwindigkeit betrifft. Ich weiß, das klingt für einen Außenstehenden nach Ausrede – aber das Spiel ist langsamer, vom Timing her, genauso von den Pässen beispielsweise. Da können sich andere besser darauf einstellen. Bin mehrmals ins Seitenaus gelaufen, das dürfte normal nicht passieren. Es ist aber alles fair. Die Frage ist, woran das liegt. Das weiß man nicht so richtig. Ich glaube, da ist Mike ähnlicher Meinung…

Linden: Absolut. Wenn mehrere Bluetooth-Geräte im Raum sind, läuft das Spiel komisch. Das fühlt sich dann auch komisch an. Das gab es auch mal bei den FIFA-Finals, die daraufhin abgebrochen wurden. Heute habe ich gar nicht so schlecht gespielt.

kicker: Wie oft trainieren Sie beide?

Luttenberger: Etwa vier bis fünf Stunden pro Woche, obwohl das oft variiert. Vor einem Turnier normalerweise häufiger. Das hängt vom Job ab. Im Sommer spielen wir weniger, da keine Turniere stattfinden.

Linden: Das ist bei mir ähnlich. Vor einem Turnier ist es deutlich mehr. Aber ich habe in bei der WM in Barcelona gemerkt, dass ich überspielt war – das wirkt sich dann kontraproduktiv auf meine Offensive auf. Wenn ich weniger spiele, bin ich oft kreativer.

Luttenberger: Das sehe ich auch so. 2015, als ich Vizeweltmeister wurde, kam ich direkt aus dem Urlaub, habe also wenig trainiert und war deshalb im Angriff nicht so festgefahren, unberechenbarer und nicht auf ein Schema festgelegt.

kicker: Was machen Sie beruflich?

Linden: Ich habe Steuerfachangestellter gelernt und arbeite bei meinem Vater in der Firma.

Luttenberger: Unsere Familie hat eine Kaffeeautomaten-Firma, wo ich mithelfe. Berufsbegleitend habe ich allerdings auch BWL studiert – in Eisenstatt und in Mittweiler.

kicker: Das heißt im Umkehrschluss, man kann vom E-Sport nicht leben?

Luttenberger: Nein, derzeit nicht.

Linden: Wenn E-Sports, eine reine Spielerförderagentur, mir ein Angebot machen würde, könnte man es sich überlegen.

kicker: Wie sah Ihre Kindheit aus? Haben Sie ständig vor der PlayStation gesessen oder haben Sie gespielt, wie jeder andere Teenager eben auch?

Luttenberger: Es geht darum, dass wir schon seit 20 Jahren spielen. Da hat man dann schon einige Stunden auf dem Konto. Auch wenn man das Teilnehmerfeld der Weltmeisterschaften betrachtet, es handelt sich bei den meisten Turnieren um dieselben Spieler. Vieles hat auch mit Glück zu tun - so ist das eben bei einem E-Sport-Titel. Da gibt es viele Zufälle, die Einfluss nehmen.

Linden: Wir haben gespielt, wie ganz normale Casual-Gamer. Nach den Hausaufgaben, wenn kein Fußballtraining anstand, haben wir mit Kollegen gezockt. Als ich in der Electronik-Sports-League angefangen habe, war Lutti schon Admin. Da haben wir uns kennengelernt.

kicker: Und wie ging es weiter?

Luttenberger: Ich kam nach einer gewissen Zeit etwas weg vom E-Sport. Bin 2014 aber aufgrund des neuen PESs wieder zurück. Wir hatten in Österreich riesige Events, wo es um große Summen ging. Das war durch die Wirtschaftskrise von heute auf morgen weg.

Linden: Weil das Spiel auch echt schlecht wurde. Und auch für 2017er-Verhältnisse ist der Onlinemodus noch zurückgeblieben.

Luttenberger: Genau, deshalb wechselte ich 2007 zu FIFA. Da habe ich ein Jahr in einer professionellen Liga gespielt. Da gab es auch Verträge mit Spielern, Punkteprämie und so weiter. Und jetzt in den letzten zwei Jahren war der Sprung von Konami und PES echt riesengroß. Auch die Events sind mittlerweile richtig professionell. Als Spieler hoffen wir, dass PES die Lücke zu FIFA schließt. FIFA ist zwei Schritte voraus – im Marketing, im Verkauf. PES ist im EU-Raum eher noch ein Nischenprodukt. Das ist Südamerika anders. Das liegt an der Lizenz. Anscheinend reagiert der Markt darauf sehr sensibel. Es wird wichtig werden, dass PES sich Lizenzen sichert, um die originalen Teams, Stadien und Spieler zu bekommen. Das ist wichtig für den Markt.

kicker:Wann startet die neue Saison?

Luttenberger: Mit dem neuen Spiel, dem PES 2018, beginnt auch für uns die neue Saison. Dann wird der neue Modus festgelegt ...

Linden: ... exakt. Das hat auch viel mit rechtlichen Dingen zu tun - und mit der Technik, vor allem, wenn du online spielst. Das ist PES noch immer nicht gut genug.

kicker: Wo besteht Nachholbedarf?

Linden: Es müssen einige Dinge verhindert werden. Ex-Weltmeister "Usmakabyle" hat beispielsweise für seinen Kumpel "Aszbaby" gespielt, damit sich dieser qualifiziert. Beide wurden gesperrt. Der Fehler war, dass er von seiner eigenen IP-Adresse gespielt hat – so ist es aufgefallen. Ein Amateurfehler. Sonst hätte es ihm niemand nachweisen können. Genauso der Italiener "Ettorito97". Er ist ein herzensguter Mensch, aber: Auch er hat für seinen Vater gespielt. Das gehört sich nicht.

Luttenberger: Das ist ein Schlag ins Gesicht für jeden E-Sportler. Man nimmt einem guten Spieler den Platz weg und sorgt dafür, dass der Vater gratis anreist. Das ist halt dem E-Sport nicht würdig.

Interview: Georg Holzner