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"Wichtig, dass deutschsprachige User eine Plattform haben"

kicker-eSport Interview

"Wichtig, dass deutschsprachige User eine Plattform haben"

Steht Rede und Antwort: Björn Marinov.

Steht Rede und Antwort: Björn Marinov. kicker eSport

Wir haben den Betreiber des Forums, Björn Marinov, über den Titel und die Arbeit an einer deutschen Version befragt. Außerdem verrät er uns, wie sich Sports Interactive dazu positioniert und ob es schon mal Ärger mit EA Sports gab. kicker eSport: Stell dich doch bitte mal kurz vor. Björn Marinov: Mein Name ist Björn Marinov aka Octavianus, ich bin Jahrgang 1985 und seit eineinhalb Jahren der Inhaber der Seite "www.meistertrainerforum.de", dem deutschsprachigen Forum rund um den Football Manager aus dem Hause Sports Interactive. Ich bin mitverantwortlich für den sogenannten Research (Datenrecherche) in Deutschland und somit für Spielerwerte oder Vereinsangaben im Spiel zuständig. Außerdem habe ich maßgeblich an der Lokalisierung des Football Managers mitgewirkt und mehrere Jahre für die Erstellung einer inoffiziellen deutschen Sprachdatei verantwortlich gezeichnet. Im Fußball drücke ich meiner Frankfurter Eintracht die Daumen, zu meinen Lieblingsspielern zählen natürlich Alexander Meier und Juan Roman Riquelme. Seit dem Ende meines Studiums unterrichte ich als Lehrer an einem baden-württembergischen Gymnasium die Fächer Deutsch und Geschichte.

kicker eSport: Wann und wie bist du auf den Football Manager aufmerksam geworden? Marinov: Ich habe wie so viele meiner Generation in einer PC-Zeitschrift die Beilage vom sogenannten Meistertrainer gesehen. Müsste im Jahr 2001 gewesen sein. Das war der deutsche Name für den Championship Manager 00/01 und Ottmar Hitzfeld zierte damals das Cover. Jedenfalls stammte das Spiel von Sports Interactive, die damals noch beim Publisher Eidos unter Vertrag standen. Ich meldete mich später in einem Fanforum an, dem dementsprechend benannten Meistertrainerforum, und spielte dann eine ganze Weile diese CM-Version. Mit dem Publisher-Wechsel zu Sega kam dann auch ein Namenswechsel hinzu. Die Rechte am Namen hielt eine andere Partei, die Datenbank und den Code durften SI behalten. Das Spiel firmierte letztlich unter dem neuen Namen Football Manager. Ich besorgte mir nach einiger Zeit auch den FM 2006 (nachdem ich erfahren hatte, dass da dieselben Macher wie hinter dem CM 00-01 standen) und habe mir seitdem jede weitere Ausgabe zugelegt.

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kicker eSport: Du bist mittlerweile Administrator in der deutschen Anlaufstelle für Fans des Football Managers, dem Meistertrainerforum. Was möchtet ihr mit diesem Forum erreichen? Marinov: Wie die Frage schon andeutet, möchten wir die Anlaufstelle für deutschsprachige Fans sein. Das schließt daher auch unsere Freunde aus Österreich und der Schweiz mit ein. Aufgrund der Lizenzproblematik kann der Football Manager nicht in Deutschland beworben oder ganz normal gekauft werden, was die Verbreitung des Spiels natürlich erschwert. Dennoch führt das Spiel die weltweiten Ranglisten an, was Spieldauer oder auch Käufer angeht. Daher finde ich es wichtig, dass deutschsprachige User eine Plattform haben, auf der sie sich erste Infos dazu einholen können. Hier kann man sich taktische Ratschläge einholen. Dazu fungieren wir als Wegweiser zu den vielfältigen Downloads, die es rund um das Spiel gibt. Die Vielfalt erschlägt neue Nutzer meist, weshalb es mir besonders wichtig ist, Usern den Einstieg in den Football Manager zu erleichtern. Aus diesem Grund gibt es auch diverse Einsteigerleitfäden und Anlaufstellen für häufige Fragen und Antworten.

kicker eSport: Außerdem leitest du die Arbeit an der deutschen Sprachdatei für den Football Manager. Wie kam es zu diesem Projekt? Warum steckst du zusammen mit vielen anderen freiwilligen Helfern so viel Arbeit in diese Aufgabe? Marinov: Hier muss ich dem Berufseinstieg inzwischen Tribut zollen. Das Projekt habe ich über mehrere Jahre geleitet, inzwischen machen das zwei von mir sehr geschätzte User. Ich kam im Jahr 2008 zufällig dazu. Im Forum wurde der Downloadlink zur Datei für die Vorgängerversionen immer intern geteilt. Das hieß dann Leute persönlich anschreiben, Link teilen usw. Ich habe das dann eher zufällig übernommen und bin dabei geblieben. Die ersten Versionen bekamen wir zudem durch einen Betatester zugesteckt, so dass es nicht viel Arbeit war. So lief es auch in den Nachfolgern ab. Im "FM2009" blieb jedoch erstmals die deutsche Sprachdatei im Betatest aus. Ich suchte im Netz nach Informationen und fand recht bald auf einer russischen Fanseite einen entsprechenden Editor, mit dem man die Dateien bearbeiten konnte. Und ab da ging es dann los. Jedes Jahr aufs Neue die alte Datei einlesen, Zeilen überprüfen auf neue Übersetzungen und die neuesten Zeilen getrennt bearbeiten. Zum Glück kann man sich da seit Jahren auf die Community verlassen, die viele tausend Zeilen Jahr für Jahr übersetzt, während ich vor allem als Lektor fungierte. Allein ist so ein Mammutprojekt kaum zu stemmen, zumal ich ja keinerlei Geld damit verdiene.

Es gibt eine fleißige Community.

Björn Marinov

Warum ich das dann überhaupt gemacht habe? Gute Frage. Klingt vielleicht platt, aber ich habe es zum einen getan, weil ich es kann. Ich habe mir das Know-How angeeignet und kenne die Strukturen in der Datei gut. Es gibt nur wenige sonst, die über so viel Hintergrundwissen verfügen. Ich habe es aber auch getan, weil ich es wollte. Mir macht es Spaß, an Formulierungen zu feilen und ich finde es wichtig, die deutsche Community bei der Stange zu halten. Ohne die deutsche Sprachdatei hätte der FM in den deutschsprachigen Ländern wohl kaum Fans und müsste seit Jahren ein Schattendasein fristen. Durch die Sprachdatei sind nicht nur viele Fans, sondern inzwischen auch Medien auf das Spiel aufmerksam geworden. Die Berichterstattung hat sich gewandelt vom Pauschalurteil "Nur für Tabellen- und Excel-Freaks" hin zu deutlich ausgewogeneren Spieletests, die auch das Konkurrenzprodukt mit der Zeit kritischer unter die Lupe genommen haben. Achtet mal drauf: In vielen Tests seit dem FM2011 steht am Ende ein Satz wie "Das Spiel kommt ohne deutsche Sprache daher. Jedoch gibt es eine fleißige Community, die schon eifrig an einer Fanübersetzung arbeitet." Solche Sätze dürften bei vielen deutschsprachigen Fans ein Umdenken bewogen haben und sie letztlich zum „wahren FM“ bekehrt haben. Denn ich lese es in meinem Forum sehr häufig: Wer einmal den FM von Sports Interactive gespielt hat, verflucht im Nachhinein die vergeudete Zeit mit dem Konkurrenzprodukt. In Zeiten von DLC halte ich es zudem für wichtig, dass jeder die Möglichkeit bekommt, in den Genuss des Spiels zu kommen. Aus diesem Grund stehe ich auch in Kontakt mit anderen Communities, die das Spiel beispielsweise ins Hebräische lokalisieren. Denn die Userschaft für dieses Spiel setzt sich eher aus älteren PC-Spielern zusammen und viele wollen nicht erst ein Wörterbuch wälzen, um beispielsweise eine Pressekonferenz im FM heil zu überstehen. Es stand für mich auch nie zur Debatte, Geld für die Sprachdatei zu verlangen. Ich habe es stets als ein Projekt von Fans für Fans gesehen und das sehen meine Nachfolger mit Sicherheit genauso.

Football Manager 2015

Football Manager 2015 Football Manager 2015

kicker eSport: Mit wie vielen Leuten arbeitet ihr an der Sprachdatei? Wie läuft diese Arbeit ab? Marinov: Das variiert und hängt im Wesentlichen von der Hilfsbereitschaft der Community ab. Prinzipiell habe ich es so gehandhabt, dass ich sowohl die Sprachdatei als auch eine extra Datei selbst bearbeitet habe und der Community Teile zum Übersetzen gegeben habe. Diese haben eigenständig die englischen Texte übersetzt und mir zurückgesandt. Je mehr Leute übersetzt haben, desto schneller ging die Fertigstellung voran. Ich habe dann die Zeilen gegengelesen und sowohl die sinngemäße Übersetzung wie auch Rechtschreibfehler überprüft. Dafür nutzte ich automatisierte Abfragen auf doppelte Leerzeichen und dergleichen. Am Ende habe ich dann alles in einer großen Datei zusammengeführt, sie mit einer langen Anleitung zum Einbinden in Spiel versehen und sie letztlich im Forum geteilt. Inzwischen teilen sich zwei User diese Arbeit und ich bin sicher, dass sie analog wie ich vorgehen. Bei Rückfragen oder Übersetzungsschwierigkeiten stehe ich nach wie vor gerne zur Verfügung. Für das aufwändige Korrekturlesen fehlt mir jedoch bedingt durch den Beruf die Zeit, weshalb ich mich im Frühjahr 2014 von diesem Mammutprojekt zurückzog.

Anstoss ist komplett an mir vorbeigegangen.

Björn Marinov

kicker eSport: Stehst du mit Sega bzw. SI in Kontakt und bist darüber informiert, wie sie sich in Sachen deutscher Sprachdatei positionieren? Marinov: Ich stehe mit SI in Kontakt, Sega gibt sich diesbezüglich leider sehr verschlossen. Die offizielle Verlautbarung ist, dass es rechtliche Bedenken gibt, den FM mit einer deutschen Sprachdatei herauszubringen und mehr kann und darf ich dazu leider auch nicht sagen.

kicker eSport: Wie kommt es, dass die Lizenzproblematik ein Vorpreschen auf den deutschen Markt seit jeher verhindert, eure Arbeit aber trotzdem toleriert wird? Immerhin macht ihr den FM dadurch für den deutschen Markt deutlich zugänglicher. Marinov: Sagen wir es mal so. Solange mit der Sprachdatei nicht der Eindruck erweckt wird, dass diese offiziell von SI abgesegnet wird, steht es uns frei, da etwas zu basteln. Das erleichtert es deutschsprachigen Usern, ein Spiel zu spielen, das sie bereitwillig kaufen, weil sie um den Realismus des Spiels wissen und ihn sehr schätzen. Dass es rechtliche Handhabe gegen die Veröffentlichung einer inoffiziellen Datei gibt, die nichts anderes tut, als ein Spiel zu lokalisieren, wage ich zu bezweifeln.

kicker eSport: Gibt es Reaktionen von EA SPORTS auf eure Arbeit? Gerade, als sie mit dem Fußball Manager noch ein Konkurrenzprodukt vertrieben haben, dürfte eure Arbeit doch nicht auf viel Gegenliebe gestoßen sein? Marinov: Da ist mir nichts bekannt und es ist auch nie jemand an mich herangetreten. Zudem fungierte EA ja nur als Publisher. Wenn, dann hätte Gerald Köhler oder jemand von Bright Future mal an mich herantreten müssen. Das ist jedoch nie geschehen. Über einen Plausch mit ihm würde ich mich aber grundsätzlich freuen, zumal er als der kreative Kopf der Anstoss-Reihe gilt, die noch heute einen legendären Ruf genießt, auch wenn ich das nicht beurteilen kann, weil Anstoss komplett an mir vorbeigegangen ist.

Die große Stärke ist der Realismus.

Björn Marinov

kicker eSport: Wie beurteilst du die Chance, dass der Football Manager in naher Zukunft auch hierzulande vertrieben wird? Marinov: Leider sehr gering. Anfang August 2014 wurde die DFL-Lizenz bis zur Saison 2017/18 vergeben und EA erhielt erneut den Zuschlag für die Manager-Simulation. Erst im Jahr 2017 wird eine Neuausschreibung stattfinden, an der sich SI bzw. Sega sicherlich wieder beteiligen wird. Wieso die DFL es jedoch hinnimmt, dass eine vergebene Lizenz einfach so brachliegt und auf diesem Sektor kein Spiel entwickelt wird, erschließt sich mir nicht.

kicker eSport: Was empfiehlst du Spielern, die einfach mal in den Football Manager reinschnuppern wollen? Marinov: Am besten mit einem Verein starten, der geringe Ansprüche hat. Dann kann man ohne Druck starten und steht nach drei Auftaktniederlagen nicht gleich vor dem Rauswurf. Zudem empfehle ich jedem Neuling, viele Aufgaben zu Beginn an den Co-Trainer abzugeben und sich erst einmal nur um die Taktik zu kümmern. Hat man etwas taktisches Verständnis entwickelt, kann man Schritt für Schritt auch andere Bereiche erkunden. Hier eignet sich ein Spielstart im FMC, der ein abgespeckter Modus ist, der auf viele Details verzichtet. Wechslern von EA oder anderen Konkurrenzmanagern muss ich noch sagen, dass dies eine englische Managersimulation ist. Man übernimmt also die Rolle eines Felix Magath und ist für Taktik, Training und Transfers verantwortlich. Dinge wie Sponsorenakquise oder der Stadionausbau fallen nicht in das Tagesgeschäft und obliegen dem Vorstand (oder spielen überhaupt keine Rolle wie zum Beispiel die Anzahl der Würstchenbuden oder die Farben der Sitzschalen). Ansonsten kann ich nur dazu raten, sich von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen. Der Langzeitspielspaß steht hier ganz klar im Fokus. Wer erwartet, mit Fortuna Köln innerhalb von 3 Jahren deutscher Meister zu werden, hält das falsche Spiel in den Händen. Bei uns im Forum gibt es zudem genügend Tipps und Hilfestellungen, um einen reibungslosen Einstieg ins virtuelle Trainergeschäft zu schaffen.

Ein Peter Neururer kritisiert mich offen, wenn ich als Bochumer Trainer nicht so viel Erfolg habe.

Björn Marinov

kicker eSport: Was sind die großen Stärken des Spiels? Marinov: Die große Stärke ist der Realismus dieses Spiels. Die knapp 600.000 echten Spieler und Trainer sind mit all ihren Stärken und Schwächen abgebildet. Die Wettbewerbsregeln sind detailliert und setzen die reale Fußballwelt nahezu perfekt um. Registrierungsregeln, Stadionanforderungen oder dergleichen werden allesamt berücksichtigt. Der Transfermarkt ist realistisch gestaltet und ein großes Aha-Erlebnis sind in jedem Jahr Wechsel, die in der Realität ablaufen und die der FM in Simulationen auch sehr häufig vornimmt, so dass man als Spieler oftmals glaubt, die reale Wechselnachricht doch schon längst gehört zu haben. Ein ganz großer Pluspunkt ist die Spielengine. Die Simulation eines Spieltags läuft nachvollziehbar ab und taktische Einstellungen werden eins zu eins auf dem Bildschirm umgesetzt. Taktische Anweisungen wie das Zeitspiel oder verstärktes Spiel über die Flügel haben klare Auswirkungen auf das Spiel der eigenen Mannschaft (im Gegensatz zu anderen Simulationsspielen). Wenn man ein Spiel über die volle Distanz betrachtet, wirkt es beinahe so wie ein realistisches Fußballspiel. Hinzu kommt eine Fülle von Interaktionsmöglichkeiten, so dass man als Spieler trotz all der Variablen und Abfragen im Hintergrund das Gefühl hat, in eine realen Welt einzutauchen und echte Beziehungen zu Personen aufzubauen. Wer sich beispielsweise mit Mourinho anlegt, muss darauf gefasst sein, in Psychospielchen verwickelt zu werden. Ein Peter Neururer kritisiert mich offen, wenn ich als Bochumer Trainer nicht so viel Erfolg habe. Alles in allem wirkt die Simulation sehr echt, was großen Spaß macht, wenn man beispielsweise versucht, unterschiedliche Trainertypen im Spiel darzustellen.

Daniel Strotbaum

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